Michael „Micha“ Rhein gilt im deutschen Mittelalter-Rock als eine der wegbereitenden Kräfte. Der 59-jährige und seine Kombo In Extremo sind seit gut 30 Jahren so etwas wie die Speerspitze des Genres. Die Verkaufszahlen der Band sprechen Bände – und auch die stets ein Erlebnis darstellenden Live-Auftritte sind dank viel Feuer, Pyro und einer Vielzahl historischer Instrumente mit einer gewissen Brachialität immer wieder sehenswert. Am 13. Juni gastieren In Extremo im Rahmen ihrer Burgentour beim HUK Open Air-Sommer in der Cortendorfer Kulturfabrik. Im Vorfeld hat sich Art. 5|III mit dem Sänger, in der Szene als "Das letzte Einhorn" firmierend, nicht nur über musikalische Dinge unterhalten.
Einfach Micha. Das ist mir am liebsten!
Das ist tatsächlich so. Momentan bin ich aber zuhause. Nicht direkt in Köln. Das ist ein kleines Dorf vor den Toren der Stadt.
Das stimmt auch. So ungefähr.
Das war ein Spitzname auf den Mittelaltermärkten damals. Ich habe zu der Zeit immer die Klaus Kinski T-Shirts mit dem Einhorn vorne drauf verkauft. Viele wussten gar nicht, wie ich heiße. Und so ist das dann gekommen.
(lacht) Das kann ich Ihnen nicht sagen. Da müssen Sie die Damen fragen.
Ich war ja damals schon lange in Berlin, als die Mauer fiel. Meine Wurzeln kann und will ich natürlich nicht verleugnen. Ich bin immer noch gerne dort, habe Freunde und Verwandtschaft. Ansonsten habe ich mit Leinefelde gar nicht mehr so viel zu tun. Es sind schon Heimatgefühle da. Die Kindheit prägt einen natürlich. Das wäre auch doof, das zu verleugnen. Ganz einfach. Als die Mauer fiel, waren natürlich alle happy. Das weiß man ja. Man hätte vieles besser machen können. Aber das ist der Lauf der Zeit. Ganz klar.
Ich kenne es tatsächlich nur vom Hörensagen. Wir sind jetzt auch nicht die Band, die auf politischen Konzerten spielt oder sich vor irgendeinen Karren spannen lässt. Wir wollen gute Laune verbreiten. Ich weiß, was da unten los ist. Und nicht nur dort. In ganz Europa hast du ja diesen Rechtsruck. Und wenn ich an Leinefelde denke, denke ich an diesen Vogel von Höcke. Der wohnt ja nicht weit weg von dort. Wenn ich etwas zu sagen hätte – als einziges Statement von mir: Ich würde diesen Faschisten einfach einsperren.
Das kann immer mal passieren. Wir haben fünf Jahre lang von 1990 an zusammengespielt. Das war eine wunderbare Zeit. Er ist damals zu Corvus Corax. Das war alles nicht so schön. Dadurch ist aber In Extremo entstanden. Wir kommen gut klar, telefonieren ab und an. So soll es einfach sein.
Ich hatte damit nie Probleme! Wir haben ja ab und an gemeinsam gespielt. Ich kenne diese Leute vom Sehen her, wir grüßen uns, wenn man sich sieht. Wenn ich mal ganz arrogant bin: Der Unterschied zwischen ihnen und uns beträgt ungefähr 1,6 Millionen verkaufte Tonträger. Da mache ich mir überhaupt keinen Kopf drum. Wir grüßen uns ganz normal. Die Leute erzählen auch immer viel. Nimm doch nur Wikipedia. Da kann jeder reinschreiben, was er möchte. Viele Leute fallen da noch drauf rein.
Die letzte Platte kam ziemlich genau mit dem Tag des Lockdowns auf den Markt. Das war natürlich fatal! Unsere neue Scheibe ist seit letzter Woche fertiggestellt und wird im Laufe des Augustes erscheinen. Die Maschinerie fängt jetzt an zu laufen.
Es klingt wieder anders als die anderen, ist aber trotzdem In Extremo, wenn man es hört. Einige Featurings sind drauf. Lasst euch überraschen, wir sind echt zufrieden. Wir machen es uns ja nicht immer einfach. Es ist jetzt denke ich das 15. Album – und du kannst dir nicht alles aus den Rippen schneiden. Deshalb ist uns das sehr gut gelungen.
Ich kenne die Location noch nicht. Wir suchen natürlich immer neue Plätze. Unsere Agentur kümmert sich da prächtig drum und findet immer wieder spannende Locations. Nicht nach dem Motto des immer wieder grüßenden Murmeltiers. Ich finde sowas Klasse.
Der Joey ist ein sehr guter Freund. Wir kennen uns seit 30 Jahren und sind mehr als freundschaftlich verbandelt. Irgendwann kam er und hat mir die Mütze geschenkt, da macht man einfach einen schönen Gag draus. Ich meine, man kann über die Kelly Family schmunzeln. Man kann sie mögen oder auch nicht. Fakt ist, dass es deutschlandweit die Band mit den meistverkauften CDs ist. Da kommt kein Rammstein, keine Scorpions, kein Peter Maffay und wie sie alle heißen, hin. Sie haben glaube ich 38 Millionen Tonträger verkauft. Unvorstellbar! Das ist einfach irre!
(lacht): Wie ABBA früher! Die haben schon gute Sachen gemacht. Wir haben ja auch mal zusammen in der Chartshow gespielt. Da hatte Joey die Familie nicht zusammengekriegt, dann hat er uns gefragt. Dann sind wir mit ihnen auf die Bühne und haben den Song neu aufgenommen. Das hat Megaspaß gemacht. Ich selber höre übrigens querbeet. Ich höre mir tatsächlich keine Mittelalterbands an. Ich bin totaler Filter-Fan. Black Stone Cherrys. Dazu bin ich totaler Reggea-Fan, höre viel Weltmusik. Deftones höre ich sehr gerne. Ich bin da echt total offen.
Das ist einfach eine spaßige und energiegeladene Show, die wir machen. Wir sind Entertainer. Wir werden einige alte Sachen spielen. Dazu vielleicht ein oder zwei neue Stücke. Im Herbst gehen wir ja mit dem neuen Album auf Tour – übrigens am 6. Dezember auch in Nürnberg in der KIA-Metropol-Arena. Also es wird eher die Setlist der letzten Tour und ab Herbst gibt es dann das neue Programm.
Das ist möglich. Nach den Konzerten macht jeder so seines. Bis zur Abfahrt trinken manche noch ein Bier, andere gehen an den Merchandise-Stand oder eben direkt zum Bus. Das ist immer so ein Stück Stimmungsabhängig. Aber mei: Schönes Wetter, schöner Biergarten. Warum nicht? (schmunzelt).
Wir freuen uns auch. Sag den Leuten liebe Grüße!