Was sich in der Musikstadt Bamberg unterhalb der symphonischen Elite ereignet, ist bemerkenswert. Und es stößt auch auf die hochverdiente Aufmerksamkeit. Das ließ sich am Samstagabend in der Konzerthalle besichtigen, die rappelvoll gefüllt war beim Abschlusskonzert der Hochschulmusik von Bambergs Otto-Friedrich-Universität. Nicht nur die Studis oder weiteres universitäres Publikum, auch andere Musikfreunde fanden den Weg in den Josef-Keilberth-Saal, um der Aufführung von Antonín Dvoráks Oratorium „Stabat Mater“ durch den Universitätschor und das Universitätsorchester zu lauschen. Und das lohnte sich wahrlich, denn die Interpretation dieses bewegenden Werkes gelang auf einem Niveau, das man über weite Strecken nicht mehr als bloß „amateurhaft“ qualifizieren konnte.
Intensität des Ausdrucks
Unter der Leitung des seit 2014 amtierenden Leiters der Bamberger Hochschulmusik, Wilhelm Schmidts, musizierten ein ausgewachsenes Sinfonieorchester, vier Gesangssolisten und der mit über 100 Sängerinnen und Sängern kapital besetzte Hochschulchor. Dvoraks von tiefer Trauer um den Verlust der Kinder genährte erste oratorische Werk, dem später noch das Requiem folgen sollte, ist eine dunkel gefärbte Musik, die nicht von Ausbrüchen lebt, sondern von gedeckten Farben und von der Intensität des Ausdrucks. Das ließ sich gleich beim Auftakt mit dem „Stabat mater dolorosa“ erleben, einer geradezu trostreichen Musik, die von sattem Streicher- und breitem Chorklang geprägt war. Im „Qui est homo?“ zeigte sich, welch homogenes Vokalquartett bei dieser Aufführung aufgeboten und welch vorzügliche Holzbläser verpflichtet werden konnten.
Präzise Pianoeinsätze und breiter Tuttiklang
Das reiche Aufgebot an Frauenstimmen, zu Beginn noch etwas furchtsam bei den Einsätzen, kam im „Eia mater“ sehr schön zur Geltung und imponierte im anschließenden „Fac, ut ardeat“ mit ebenso weichen wie präzisen Pianoeinsätzen. Im „Tui nati“ endlich schien der gesamte Chor ganz bei sich angekommen zu sein, welch breiter Tuttiklang! Das „Fac me vere“ entpuppte sich als ideale Rolle für Jeongyeop Seok und seine helle, im Piano besonders angenehme Tenorstimme. Ihm gesellte sich im „Fac ut portem“ mit Silke Evers eine Sopranistin hinzu, die mit schönem Timbre und wunderbaren Pianissimi selbst in höchsten Lagen zu beeindrucken wusste. Chao Dengs profunder Bass hatte schon zuvor gefallen, und die profunde Altstimme Christine Mittermairs komplettierte im „Inflammatus et accensus“ das Sängerquartett.
Überlegtes Dirigat
Im abschließenden Ensemble „Quando corpus morietur“ kulminierten nochmals alle Tugenden dieser bemerkenswerten Aufführung, übrigens befördert durch exzellente Blechbläser und einen virtuosen Paukisten. Wilhelm Schmidts lotste den riesenhaften Klangkörper routiniert durch die anspruchsvolle Partitur. Lediglich im „Virgo virginum praeclara“ blieb er einen Moment zu sehr Orchesterdirigent und ließ die Frauenstimmen bei ihren heiklen Einsätzen ein wenig allein. Ansonsten lieferte der vielbeschäftigte und auch andernorts sehr gefragte Chef der Bamberger Hochschulmusik ein sehr überlegtes und überlegenes Dirigat ab. Wie auch immer, dieses am Ende einhellig bejubelte „Stabat mater“ stellte dem universitären Musikbetrieb ein ausgezeichnetes Zeugnis aus.
Fotocredits:
Chor, Orchester und Solistenquartett, Foto © Rudolf Hein
Dirigent, Foto © Rudolf Hein